Privates über Ferdinand von Müller und sein Tod



 Persönliches

Seine Schwestern heirateten in Australien, Bertha hatte zwei und die jüngste Schwester fünfzehn Kinder.

Ferdinand von Mueller selbst blieb zeitlebens Junggeselle und hatte keine Kinder. Ein Lebensweg, den er (28.5.)1866 gegenüber Petermann (in Voigt, 1996, S. 79) beklagte und durch mehr Anerkennung seines Tuen zu ändern hoffte. 

Das Verhältnis von Mueller zu Frauen gehört zu den besonders umstrittenen Teilen bei der retrospektiven Annäherung an seine Person mit wissenschaftlich historischen Methoden.
Einigkeit der Autoren besteht ab doch in einem Satz: "Mueller war vor allem mit seiner Arbeit verheiratet", wie es die nebenstehende zeitgemäße Zeichnung gut vermittelt. Viel umstritten ist dagegen, warum Muellers Versuche von Partnerschaft und Eheangang scheiterten; ob er nicht bereit war, sich wirklich darum zu bemühen oder so sehr mit seiner Arbeit verbunden war, daß eine Partnerschaft mit ihm nicht zu ertragen war. Die letzte und erste einleuchtende Antwort darauf liefert Sara Maroske (1997) in einem klärenden Beitrag. 

Ein anderer Aspekt von Mueller, der bei der Beschäftigung mit seiner Person auffällt ist, daß Mueller ein geschickter Taktiker war, es verstand seinen Ruhm und seine Anerkennung für seine Ziele zu nutzen. Mehr als 100 000 Briefe sind nachweislich von ihm versendet worden, er verknüpfte seine Ziele und Möglichkeiten hierbei mit denen anderer einflußreicher Persönlichkeiten.


Orginal: Sammlung des Breifwechsels von Mueller im National 
Herbarium of Victoria, Melbourne. Hier übernommen aus
Voigt, 1996, erschienen im Perthes-Verlag.
Großzügig aber sicherlich bedacht benannte er Arten und ließ bei von ihm unterstützen Expeditionen Berge und Flüsse nach seinen Unterstützern und Mitstreitern benennen. Einen Gleichgesinnten fand er in dem berühmten Jenaer Geographen Petermann. Der über Jahrzehnte laufende Briefwechsel bleibt lange fast geschäftlich sachlich, enthält nur in späteren Jahren persönliche Aspekte. Mueller ist der Mann in Australien, der dort Expeditionen organisiert, Petermann stellt aus den Informationen seine Karten und seine Beiträge in seinen berühmten Nachrichten zusammen. Mit den Rechten und Ansprüchen bei Entdeckung oder als Expeditionsinitiator Namen zu vergeben auf der einen, Namen als Kartograph zu vergeben und durch Veröffentlichung in bekannter und anerkannter Schriften festzulegen auf der anderen, schafft ein Duo, das auch zuverlässig ist und den Geldgebern und Fördern ihrer Expeditionen bleibenden Ruhm sichert.

Ruhm und geschickte Zusammenarbeit wie die Belohnung für Unterstützung sind Mittel, die weitere Arbeit an der Sache zu ermöglichen. Und das trifft sicherlich auf Mueller zu. Die beiden Wissenschaftler Tom Mai und Sara berichteten uns, wie Mueller beim Versuch neue Pflanzen zu finden oft in Lebensgefahr geriet und viele Qualen durchstehen mußte. Petermann und Mueller unterstützten Suchexpeditionen nach verschollenen Forschern und diese Expeditionen führten selbst jene ebenfalls berühmten Entdecker in den Tod. Es ist Mueller, der nur ein paar Jahre später, keineswegs gut und gar nicht vergleichbar gerüstet sondern zeitweise allein der berühmten und verlustreichen Expedition von Ludwig Leichhard, der ersten West-Ost-Querung in Australien, nachreist: eine Reise mit dem Notizbuch für Pflanzen und die Geographie. 

Aber warum bittet dieser Mueller auf Umwegen auch noch um die Adelung ? Wozu noch mehr als die Orden und den wissenschaftlichen Ruhm ? Ein Australisches Schulbuch für die Fremdsprache Deutsch vermittelt ein Bild von der Person Mueller, daß als Erklärungsmuster einfließt: "Müller tanzte auf einem Ball mit einer großen, schönen Frau. Er war aber so klein, daß das Bild so komisch aussah, das alle lachen mußten".

In ihrer Untersuchung zum privaten Leben von Mueller liefert Sara Maroske aber einen nachvollziehbaren und überzeugenden Grund für das Adelsbegehr von Mueller.
Voranzustellen sind aber hierzu die Versuche von Mueller eine Famiele zu gründen.


Als die wohl wichtigste Frau im Leben von Mueller hat Euphemia Henderson zu gelten. Er lernte sie als Direktor im Botanischen Garten von Melbourne kennen, vermutlich als sie sich um die Bestimmung einer Pflanze an ihn wandte. Aus Briefwechseln wird eine starke Annäherung bis zu Eheplänen ersichtlich und plötzlich scheint Mueller auf Distanz zu gehen. Eine herrsüchtige unfreundliche Frau, konstruierten frühere Biographen Muellers ohne rechten Anhaltspunkt. Es mußte wohl erst eine Historikerin kommen, die bemerkte, daß im 19. Jh. Ehe mit der Zeugung von Kindern als immanenter Bestandteil gesehen wurde, daß selbst bis heute eine 41jährige Frau als Risikofaktor für eine Mutterschaft angesehen wird. Es sind nicht viele Fakten, aber doch ist das wenige schlüssig: Mueller reduzierte kurz nach Konsultation mit einem befreundeten Arzt seinen Kontakt zu der wenige Jahre älteren Henderson. Trotzdem verblieb noch lange Zeit ein freundschaftlicher Kontakt.
Und wie häufig geht ein Extrem in das Andere: Rebecca Nordt wurde 16 als der 40jährige Mueller sich in die Opern-Sängerin verliebte. Sie kam aus Hamburg nach Australien und es gibt wohl weitere Gründe für gemeinsamen Sinn. Sara Maroske findet Hinweise auf Verlobungsgeschenke und es gibt die von Mueller bennnte schlanke Pflanze - gleichlautend er jene Rebecca Nordt beschrieb - Alsophila rebeccae. Das Ende der Beziehung scheint von Rebecca ausgegangen zu sein, die wohl die Verweigerung eines täglichen Bades Muellers als Manko Muellers benannte.


Er starb arm an den Folgen eines Schlaganfalls am 10.10.1896 in Melbourne, sein Einkommen hatte er in seine Wissenschaft investiert. Bei St. Kilda, heute Stadtteil von Melbourne, wurde er begraben, das Grabdenkmal. 

Nicht unüblich ordnete Ferdinand von Müller die Vernichtung seiner privaten Unterlage nach dem Tode an, dem wurde entsprochen. Das Private hinter dem Forscher und zeitweisen, jungen Bürgers von Tönning zu ergründen, bleibt verwehrt. Es ist schade, aber nicht zu bedauern. Denn so konnte er wie gewünscht als Forscher von allen Seiten hoch geschätzt in die Geschichte eingehen und wurde seine wissenschaftliche Arbeit nicht wegen Resentiments gegen persönliche Einstellungen und Lebenswünsche weggeschwiegen. 

Ein wenig läßt sich aus den bei Voigt (1996) publizierten Briefwechseln erahnen oder vermuten: eine nationale Bindung zu Deutschland, wie sie fast allen Auswanderergruppen eigen ist. Seit den 70er Jahren des 19.Jh. thematisiert er in seinen Briefen an Petermann immer deutlicher Möglichkeiten und Aufforderungen zur Gründung deutscher Kolonien. Er geht soweit, ein militärisches Eingreifen in Neu Guiana zu Fordern, mit dem eine Ermordung deutscher Forschungsreisenden gerächt werden und eine Kolonie dort gegründet werden könnte. 

Die Lust am Forschen und Entdecken scheint Friedrich von Mueller nie losgelassen zu haben. Neben seinen wissenschaftlichen Fähigkeiten steht auch die, gute und weit verzweigte Kontakte weltweit per Korrospondenz und Kontakten aufzubauen und zu pflegen. Sicherlich eine wichtige Grundlage seines Erfolges. 

 

100. Todestag

Zur hundertsten Wiederkehr seines Todestags wurde zu seinen Ehren im September 1996 eine Konferenz zur Taxoniomie in Australien veranstaltet und ein Ball im Regierungshaus Australiens gegeben, Wallfahrt zu seiner Grabstätte veranlaßt. Viele Schriften wurden neu aufgelegt.
Von der deutschen und australischen Post wurde die ersten Gemeinschaftsausgabe einer motivgleichen Briefmarke vorgenommen. Daß ausgerechnet in einem Text zu Ehren des berühmten Verfassers der Eucalyptographia Eukalypten in der Übersetzung mit Ebereschen verwechselt werden, trübt den ansonsten sehr positiven Gesamteindruck der ersten deutsch-australischen Gemeinschaftsbriefmarke am Ende doch ein wenig (Lohmeyer, 1997).

Lesetip

Voigt , Johannes H. (1996): Die Erforschung Australiens : der Briefwechsel zwischen August Petermann und Ferdinand von Mueller 1861 - 1878. Ausgabe: 1. 
Aufl., 159 S. ISBN: 3-623-00351-4. 
Maroske, Sara (1997): The Private Life of a Public Figure: Baron Ferinand von Mueller, 1825-1896. In: Historical Records of Australien Science, 11 (3).